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Tango Argentino 

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Tango Erotisch
Autor: BonnaLeon (78.35.62.---)
Datum: 11. Oktober 2013 15:09

Tango argentino - so tanzen Sie ihn erotisch

Wer den Tango argentino nicht erotisch tanzt, der tanzt eigentlich keinen Tango argentino. Anders als die Erotik im Bett ist die Erotik beim Tanz ästhetisch und - anders als bei Salsa etwa - eleganter und will kultiviert sein. Weiterlesen
von Nora D. Augustin
Was Sie benötigen:
• die passende Einstellung1
• entsprechende Kleidung und Schuhe2
• ein gewisses Maß Tanztechnik3
So tanzen Sie den Tango argentino erotisch: Basics
• Tanzen Sie so, als würden Sie einander verführen wollen. Nicht zu Unrecht fragt man zum Tango argentino: Warum machen sie vertikal, was sie horizontal tun können?1
• Bleiben Sie bei aller Erotik elegant, dezent. Erotik kann auch vulgär sein, aber dann ist es im Grund kein argentinischer Tango mehr. Oft spielt sich zwischen den zwei Tanzenden eine Erotik ab, die die Außenstehenden nicht wahrnehmen. Schulen sie Ihre Wahrnehmung für diesen Gefühlsspielraum innen im tanzenden Körper.
2
• Tanzen Sie extrem aufmerksam und mit möglichst großer Körperbeherrschung. Trinken Sie deswegen nicht zu viel Alkohol. Sie müssen beim Tango Ihr Gleichgewicht halten, dürfen Ihre Achse nicht verlieren. Wenn Sie zu viel Gewicht dem Führenden auflasten, dann ist es mit der Erotik im (Tango-)Eimer.3
• Erscheinen Sie gepflegt, gewaschen. Gehen Sie vorsichtig mit Parfüm um. Essen Sie kein Knoblauch vorher, auch am Vortag nicht.4
• Sie müssen ein gewisses Maß an Technik beherrschen, damit Sie wirklich erotisch tanzen können, damit die Bewegungen fließen und nicht einzelne Figuren mechanisch abgehakt werden. Das ist dann jenseits jeder Erotik.5
• Kleiden Sie sich erotisch: leuchtend Rot in schwarzer Nacht macht sich sehr gut. Auch Schwarz ist oft für den Tango argentino eine passende Farbe, wenn Sie es darauf anlegen, erotisch und elegant zu tanzen.6
• Präsentieren Sie Ihr Dekolleté. Tragen Sie aber keinen Schmuck um den Hals, der den Führenden beim engen Tanzen stören könnte.7
Geheimnisse der Kunst, Tango argentino noch subtiler erotisch zu tanzen
• Achten Sie darauf, dass sich der Stoff für den Führenden gut anfühlt. Er darf nicht zu glitschig sein, damit die Hand des Führenden in Ihrem Rücken Halt findet.1
• Tragen Sie geschlitzte Röcke oder Kleider, die Ihnen jede Beinfreiheit erlauben. Ob Sie so weit gehen, das bei bestimmten "Beinwürfen" Ihr Slip aufblitzt, ist eine Frage des erotischen Geschmacks. Gemeinhin wird das aber als zu vulgär abgelehnt. Die spezifische Tangoerotik kommt aus der verführerischen Schönheit der Musik, des zweisamen Tanzens, der Versenkung in tanzende Körperlichkeit.2
• Achten Sie darauf, dass Ihr Rücken gut zur Geltung kommt. Die Außenstehenden sehen von Ihnen ja vor allem Ihren Rücken und Ihre Beine. 3
• Tanzen Sie länger miteinander, möglichst Stunden. Das Glückshormon Oxytocin, das in der Haut freigesetzt wird, durch die Nähe zum anderen, die Berührung, Ihr Wohlgefühl, braucht eine gewisse Zeit, um seine Wirkung zu tun. Auch sendet Ihr Körper bestimmte Botenstoffe, Pheromne aus, die auch eine gewisse Zeit brauchen, um ihr erotisch wohltuendes Werk zu tun.4
• Atmen Sie den Tango. Schritte können wirklich "geatmet" werden. Es kann per Atem geführt werden. Das ist Anfängern meist nicht so klar.5
• Sparen Sie nicht bei den Ausgaben für die Tangoschuhe. Sie sind speziell hergestellt. Der Absatz ist so platziert, dass Sie möglichst lange schmerzfrei tanzen können. Manche Tangotanzschuhe sind sogar gepolstert unter den Zehen. Denn: wer beim Tango an seine schmerzenden Füße denkt, kann nicht das gewünschte, möglichst vollkommene erotische Gefühl entwickeln, das der Tango verlangt.


Tango-Musik modern - so tanzen Sie dazu

Der Tango ist kein gewöhnlicher Tanzstil; er ist etwas Außergewöhnliches. Tango verkörpert sowohl Anmut als auch Hingabe. Dies trifft ebenso auf den modernen Electro-Tango, auch unter Neo-Tango bekannt, zu. Zu dieser - mittlerweile äußerst beliebten Tango-Musik können Sie sowohl die klassischen Tangoschritte als auch den Tango Nuevo tanzen. Weiterlesen
von Heike Stein
Die Musikrichtung Electro-Tango verbindet die dem Tango ureigenen melancholischen Rhythmuselemente mit modernsten Tanzklängen aus den Popströmungen Reggae, House oder Trip-Hop. Der Trip-Hop ist mit seinen ca. 80 bis 90 BPM ein eher langsamer elektronischer Musikstil und bedient sich Hip-Hop ähnlicher Rhythmen.
Elektronische Tango-Musik - klassische Tanzschritte sind eine Herausforderung
Die klassische Tango-Musik stellt einen traurigen Gedanken dar, den man tanzen kann. Die moderne Musik des Tango Nueva hingegen klingt ekstatisch und kraftvoll.
• Wenn klassische Tango-Musik mit Trip-Hop oder Techno gekreuzt wird, wird es für den Hobbytänzer schon mal schwierig, seine gewohnten Tangoschritte hierzu zu setzen. Denn das Tempo des Electro-Tangos ist deutlich flotter als das der herkömmlichen Tangotanzmusik. Aber versuchen Sie es ruhig; viele geübte Tänzer lieben die moderne Pop-Variante. Vor allen Dingen treibt die hohe Beatzahl Sie mit viel Power von Schritt zu Schritt - genau das, was den internationalen Tango ausmacht; kurze zackige Bewegungen, die viel Körperspannung voraussetzen. 1
• Wenn Sie Ihre klassischen Tangofiguren tanzen wollen, sollten Sie zu entsprechenden Electro-Musik-Titeln greifen, die hierfür ausgelegt sind. Diese zeichnen sich durch geringere Beatzahlen aus als jenige Stücke, die vermehrt in Diskotheken aufgelegt werden.

Die Musikgruppe "Gotan Projekt" hat sich auf moderne, elektronische Tango-Musik spezialisiert: Zu vielen Titeln können Sie Ihre geläufigen Tangofolgen tanzen. Mit Ihrem Debütalbum "La revancha del tango" schafften Sie schon 2001 den Einzug in die Tanzwelt; seither werden sogar auf Tanzturnieren vereinzelte Stücke wie etwa "Santa Maria" gespielt. 1
Hinweis: Weitere bekannte Interpreten sind Tanghetto, Bajofondo und Narcotango.
Tango Nuovo - modern und unkonventionell

Die Tangomusik zeigt sich in modernem Gewand! Und mit ihr verändern sich auch die Tangobewegungen, das Tanzen selber. Die Tangokultur ist in Bewegung. Jede Menge neue musikalische Spielarten des Tangos werden kreiert. Aus dem Tango Argentino heraus entwickelte sich der Tango Nuevo, der zur modernen Tango-Musik getanzt werden kann.
• Mittlerweile hat sich eine eigene Electro-Tango-Szene gebildet: Diese nimmt zwar nicht das Ausmaß der Salsaszene an - ist aber immer mehr im kommen. In Discotheken ist Neo-Tango-Musik der Hit. Die Beatzahl des Neo-Tango pendelt mittlerweile bei durchschnittlich 128 BPM (Beats per minutes) ein. 1
• Mit steigender Beatzahl werden die klassischen Tangoschritte aus dem internationalen Tango oder dem Tango Argentino immer schwieriger umzusetzen. Mit den Veränderungen in der Musik zeigt sich auch der Tango in neuem Gewand: Zum Neo-Tango tanzt man mittlerweile den sogenannten Tango Nuevo. Die klassischen Tangoschritte werden mit Elementen aus den Bereichen des Salsa, dem Swing und dem Gesellschaftstanz ergänzt.


Sinnlichkeit und Sucht
Tango Argentino -- Wie ein Tanz die Sehnsucht weckt und eine verlorene Erotik zurückbringt
von Annett Welsch
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literatur
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diskussion


Der argentinische Dichter Jorge Luis Borges spricht aus, was die Historiker des Tangos wissen: daß der Ursprung des Tanzes in den Bordellen liegt. "Es fehlt nicht an zusätzlichen Bestätigungen: die lüsternen Tanzfiguren, die offensichtliche Anzüglichkeit gewisser Titel" -- El choclo (der Maiskolben), El fierrazo (das Schüreisen) -- "der Umstand, den ich als Kind in Palermo und Jahre später in La Chacarita und in Boedo beobachten konnte: An den Straßenecken tanzten Männer zusammen, weil die Frauen aus dem Volk nicht an einem Schlampenschwof teilnehmen wollten."

Die alte Fabrikhalle ist spärlich beleuchtet. Im dämmrigen Licht schieben sich Paare in enger Umarmung über das Parkett. Die Tänzer sind elegant gekleidet, die Gesichter wirken ernst, die Bewegungen fließend. Die Musik strahlt Schwermut aus und ist doch seltsam leichtfüßig. An jedem Montag wird in dem alten Industriegebäude Tango Argentino getanzt. 50 bis 60 Leute kommen zur Milonga, zum Tanzabend.
Der argentinische Tango ist populär, auf viele Menschen übt er eine tiefe und unerklärliche Faszination aus. Entstanden ist er vor mehr als hundert Jahren in den Hauptstädten von Argentinien und Uruguay. Sein Ursprung liegt in den Elendsvierteln der Großstädte Buenos Aires und Montevideo, in denen Ströme von Einwanderern gestrandet waren. Ihre Entwurzelung, die Enttäuschung über nicht erfüllte Hoffnungen und Träume spiegelt sich in den Texten und in der Melancholie der Musik.
Eine große, nicht mehr ganz junge Frau zieht die Blicke auf sich. Sie ist sehr schön und ganz in schwarz: der kurze Rock, die Nahtstrümpfe, das langgelockte Haar. Dazu bilden knallrote Tanzschuhe einen effektvollen Kontrast. So sicher und erfahren wie ihre ganze Erscheinung wirkt auch ihr Tanz. Sie setzt die Schritte ruhig, tanzt in den Boden hinein. Ihre Wange schmiegt sich an die Wange des Tänzers, auf den Gesichtern spiegelt sich die Freude an der gemeinsamen Bewegung. Im normalen Leben ist sie Mutter zweier Kinder, an den wöchentlichen Tanzabenden verwandelt sie sich in einen Männertraum.
Der Tango ist der wohl erotischste aller Paartänze. Die enge Umarmung der Körper, die Beine der Frau, die den Mann umtanzen und manchmal auch umschlingen -- das hat etwas Anziehendes und Anzügliches zugleich. Der argentinische Dichter Jorge Luis Borges spricht aus, was die Historiker des Tangos wissen: daß der Ursprung des Tanzes in den Bordellen liegt. "Es fehlt nicht an zusätzlichen Bestätigungen: die lüsternen Tanzfiguren, die offensichtliche Anzüglichkeit gewisser Titel" -- El choclo (der Maiskolben), El fierrazo (das Schüreisen) -- "der Umstand, den ich als Kind in Palermo und Jahre später in La Chacarita und in Boedo beobachten konnte: An den Straßenecken tanzten Männer zusammen, weil die Frauen aus dem Volk nicht an einem Schlampenschwof teilnehmen wollten."
Der Tango hat sich verändert seit seinem Siegeszug vom Rotlichtmilieu in alle Teile der Gesellschaft. Seine ursprünglich reiche Choreographie, die Vielfalt an Schritten und Ornamenten, wurde aus Rücksicht auf die moralische Empfindsamkeit der gehobenen sozialen Schichten eingeschränkt. Je mehr der Tango sich zum Gesellschaftstanz entwickelte, desto weniger 'cortes' wurden getanzt, desto weniger 'quebradas'. Bei den 'cortes' handelt es sich um den plötzlichen Abbruch einer Schrittserie, bei den 'quebradas' um Verzierungen, die meist von der Frau getanzt werden. Borges kommentiert die Veränderung pointiert: "Früher war der Tango eine orgiastische Teufelei; heute ist er eine Art zu schreiten."
Obwohl er gesellschaftsfähig wurde, hat der Tango seinen erotischen Reiz bewahrt. Ralf Sartori, selbst Tangolehrer, forscht in seinem Buch der besonderen Faszination dieses Tanzes nach. Er hebt die Bedeutung der polaren Anziehung zwischen Mann und Frau hervor. Um beide auf einer höheren Ebene zu vereinen, ist es notwendig, daß der Mann ganz Mann ist und die Frau ganz Frau. "Nur in einer Sphäre deutlicher Polarität kann sich der Eros entfalten. Nur zwischen den Gegensätzen ist Raum für die Sehnsucht. Und der Tango verbindet die äußersten Gegensätze zu einem harmonischen Ganzen, welches gelegentlich tiefere Erlebnisse der Einheit gewährt."
Diese Erlebnisse sind es, die viele Tänzer begeistern, manche sogar süchtig machen. Die Quelle des vertieften Gefühls liegt in der besonderen Situation. Zwei Menschen begegnen sich auf ganz elementare, körperliche Weise. Es entsteht eine subtile Kommunikation, eine Art Dialog. "Und es kann sein, daß du mit einer fremden Person tanzt und es dir erscheint, als ob du sie schon lange kennst", sagt Héctor Corona, Tangolehrer in Buenos Aires und Leipzig. "Dann können drei Minuten sein wie ein ganzes Leben."
Ein großer schlanker Mann im besten Alter holt eine Frau vom Nebentisch zum Tanzen. Er legt den Arm um sie, sanft und doch bestimmt führt er sie in die Bewegung hinein, die hohen Absätze zeichnen auf den Boden eine unsichtbare Acht. Dann stoppt er sie. Ihr Bein, in schwarzes Netz gehüllt, schiebt sich an seinem Bein entlang, streicht über die graue Hose, spielt ein wenig. Er läßt ihr Zeit für die Verzierung, genießt -- dann führt ein Impuls seines Oberkörpers sie in eine neue Schrittfolge.
In den Pausen zwischen den Tangoliedern lachen und scherzen sie. Sie kennen einander, haben schon viele Male miteinander getanzt. Die ganz besonderen Momente aber erleben Partner, die einander fremd sind. Schon im ersten Tanz offenbart sich, ob man empfänglich ist für die Impulse des anderen, wie gut die Körper in der gemeinsamen Bewegung harmonieren. In den meisten Fällen ist die Berührung angenehm. Bei manchen Partnern sträubt sich der Körper gegen die allzugroße Nähe. Und manchmal erleben die Tänzer eine vollkommene Harmonie, in der sie mit traumwandlerischer Sicherheit auf die Bewegungen des anderen eingehen, sie vorausahnen und beantworten.
Die meisten weiblichen Tangotänzer kennen dieses Gefühl sehr gut -- sich im Tanz ganz hinzugeben, sich darin zu verlieren. Ein Gefühl, das man mit nach Hause nimmt und das dem Verliebtsein manchmal zum Verwechseln ähnelt. Das Phänomen ist frauentypisch, Sartori nennt es das "Zerfließen im Kontakt": Die Frau kann beim Tango die Augen schließen und sich fallenlassen, sie kann alle Kontrolle aufgeben. Der Mann dagegen muß in jeder Sekunde über den nächsten Schritt entscheiden. Er führt und ist gezwungen, die Form zu wahren.
Die junge Frau nippt an ihrem Sekt und zündet eine Zigarette an. In weiten Hosen und Pullover wirkt sie sehr schlicht für einen Tangoabend. Als sie vor gut zwei Jahren zum Tanzen kam -- eigentlich eher zufällig --, war sie überwältigt. Sie ging zu jeder Milonga, wurde zum Stammgast in der kleinen Welt des Tango. Daß es sich dabei um eine Kunstwelt handelt, die ihre eigenen Regeln hat, mußte sie erst lernen: die gelegentlichen Gefühle der Euphorie richtig einschätzen, sie relativieren. Zum Tango geht sie noch immer regelmäßig. Ihr langjähriger Freund bleibt dann zu Hause. Er kann nicht zusehen, wie sie mit anderen Männern tanzt.
Der Tango "wird uns bei unserer Eitelkeit und unserer Lust packen", schreibt Sartori. Er bietet eine "Vielzahl an erotischen Reizen und Signalen, die nicht selten zu Versuchungen werden, die Wunden aus dem eigenen Beziehungskampf in fremden Gewässern zu lindern." Sartori nennt es einen "erotischen Lernprozess", die Gefühle der Anziehung, die man im Tanz erlebt, richtig zu deuten; sie als wertvolle und dennoch flüchtige Momente der Intimität anzunehmen. Vielen Tänzern gelingt das nicht. Sie verlieren sich in der Suche nach Momenten der scheinbaren Perfektion, tauschen den immer neuen Reiz des Fremden gegen die Vertrautheit einer festen Partnerschaft ein. Andere leben in einer Beziehung und genießen dennoch im Tanz die erregende Nähe eines fremden Menschen. Dieser Mensch ist so nah, daß man wahrnimmt, wie sein Haar riecht. Fremder Atem streift das Gesicht. Die Nähe ist so groß, daß der Kopf ausschalten muß, wenn der Tanz beginnt. Nicht nachdenken, sonst wird die körperliche Kommunikation gestört und somit der Fluß der Bewegung. Im normalen Leben ist eine solche Nähe nicht erlaubt -- im Tango ermöglicht sie eine Form 'erlaubten Fremdgehens', wie es manche Tänzer nennen.
Der Argentinier Héctor Corona vermutet, daß es der allgemeine Mangel an körperlichem Kontakt in der westlichen Kultur ist, der so viele Menschen hier zum Tanzen führt. Der Tanz kann die Sehnsucht nach Nähe stillen, aber immer nur für eine kurze Zeit. Nicht selten verhindert er wirkliche menschliche Beziehungen durch den Reiz des oberflächlichen Kontakts. Ralf Sartori schreibt: "Bei manchen steigert sich die Tangomanie zu einer Art Besessenheit. Berauscht vom reizvollen Kitzel des Eros in ständig wechselnder Gestalt, vertieft in das Spiel narzißtischer Selbstdarstellung und eingenommen von Konkurrenz- und Leistungsdenken, jagen manche von einer Veranstaltung zur nächsten." Und so schafft der Tango das, was Sartori "die Drei-Minuten-Beziehung des Tangos" nennt, "intensiv, leidenschaftlich, sinnlich und ohne Nachspiel. -- Fast Food für die Seele."
Eine junge Frau im knappen roten Kleid tanzt mit einem Mann, über dessen fülligen Leib sich ein einfaches graues Hemd spannt. Er könnte ihr Großvater sein, aber tanzen kann er wie ein junger Gott. Daneben tanzt ein Mann im Anzug, weiter hinten auf der Tanzfläche ein Punk. Das Publikum ist bunt, das Spektrum an Altersklassen und sozialen Schichten breit. Die Gesichter der Tänzer erscheinen seltsam entrückt. Viele halten ihre Augen geschlossen, geben sich ganz der sinnlichen Wahrnehmung hin. Versunken in der gemeinsamen Bewegung wirken sie wie eine Verkörperung des Glücks, scheinen ganz in der Gegenwart zu sein, ohne vorauszudenken oder an Vergangenem festzuhalten. Dieses Glück des Augenblicks lernt der Tangotänzer wie so manches andere. Etwa den aufmerksamen Umgang miteinander, der das Genießen der Verbundenheit im Tanz erst ermöglicht. Paaren kann der Tango helfen, Blockaden des Alltags aufzubrechen, schreibt Sartori.
Manchmal verzögern die Tänzer ihre Schritte, kosten die Langsamkeit, die Intensität des Aufschubs ganz aus, bevor sie umso flüssiger weitertanzen. Kaum merklich schleifen die glatten Sohlen über das Parkett, schieben sich nach vorne und zurück, halten einen verdichteten Moment lang inne. "Mann und Frau sollten ihre Linien so auf den Boden ziehen, als würde dieser ersatzhalber die Liebkosungen erhalten, die eigentlich für den Partner bestimmt sind", lesen wir bei Sartori. "Die Beziehung zum Boden ist im Tango zärtlich."
Häufig sieht man Frauen miteinander tanzen. Zuweilen auch Männer, so wie in der Anfangszeit in Lateinamerika. Damals herrschte Frauenmangel in den von männlichen Einwanderern dominierten Städten. Die Männer übten ihre Schritte unter sich, gerieten aber in um so stärkere Konkurrenz: Der Tanz wurde zum Wettbewerb nicht nur um höchste Eleganz und Kunstfertigkeit, sondern auch um die Gunst der wenigen Frauen. Noch heute hat der Mann im Tango diese Rolle. Er muß sicher und bestimmt sein in der Führung -- und gleichzeitig die Frau für sich gewinnen durch seine Sanftheit und das einfühlsame Erspüren ihrer Wünsche.
Die Tangolieder der Entstehungszeit werden von Borges beschrieben als "Tangos der Anschuldigung, Tangos des Hasses, Tangos des Spotts und des Grolls, die sich gegen die schriftliche Übermittlung und gegen die Erinnerung sperrten." Die Texte bilden "eine unzusammenhängende, weitgespannte comédie humaine des Lebens von Buenos Aires." Noch immer drückt der Tango, der in den unteren Schichten der Gesellschaft entstand, viel vom Empfinden des Volkes aus. Viele Lieder enthalten Wörter in Lunfardo, dem Slang von Buenos Aires, die Ausdruck eines ganz eigenen Lebensgefühls sind.
Die enge Beziehung des Tangos zum sozialen Leben spiegelt sich in den Texten wider, die von elementaren menschlichen Erfahrungen berichten -- Liebe und Verrat, Verlust der Jugend und moralischer Verfall. Sie erzählen davon, daß sich die Dinge niemals wirklich ändern und daß jemand, der an Fortschritt glaubt, das Leben einfach noch nicht kennt. Für Borges sind sie "Übungen in Nostalgie nach dem, was war, Klagen um das Verlorene, im wesentlichen traurig, obgleich die Weise fröhlich klingen mag."
Viele Texte sind gesellschaftskritisch. Es geht um Korruption, um Raub -- um Dinge, mit denen die Menschen zu kämpfen hatten und noch immer haben. Neue Tangos werden geschrieben, etwa nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch in Argentinien vor drei Jahren. "Aber auch die alten Tangos", sagt Héctor, "erzählen, was heute passiert."
In mehreren Wellen flutete der Tanz nach Europa. Schon vor dem ersten Weltkrieg verbreitete er sich bis nach Frankreich und Spanien, außerdem in ganz Lateinamerika. Besonders tangobegeistert sind heute die Japaner, die mehrere Tangoorchester auf hohem musikalischem Niveau unterhalten.
Und dennoch scheint der Zugang zum Wesen des Tangos den Europäern verwehrt. Astor Piazzolla soll gesagt haben, daß man, um den Tango wirklich zu fühlen, in Buenos Aires geboren sein muß. Auch Borges ist dieser Meinung: "Man könnte sagen, daß man ohne Abende und Nächte von Buenos Aires keinen Tango schreiben kann, und daß uns Argentinier im Himmel die platonische Idee des Tango erwartet."
Auch wenn das Lebensgefühl, das ihn hervorgebracht hat, in Europa nie ganz verstanden werden kann, scheint der Tango Bedürfnisse zu stillen, die gerade für den westlichen Menschen dringend sind. Im Tango findet die Sehnsucht nach wirklicher Erotik ihre Zuflucht, schreibt Sartori, "in einer Zeit, in der der Eros in den Medien durch die sogenannte Erotik gründlich mißhandelt wird. Der Tango setzt den nüchternen, nackten Tatsachen gefühlskalter Leibesübungen wieder die Schauer auf dem Rücken entgegen, welche eine flüchtige, letztendlich nie ganz kontrollierbare Bewegung und das Spiel mit der Grenze, in der gemeinsamen Umarmung des Tanzes auslösen kann."
Wo alle Geheimnisse entdeckt sind, wo alles erlaubt ist und die Suche nach Lust immer neue Grenzen überschreitet, da verkümmert die Erotik zwischen Mann und Frau, die von Blicken und Gesten lebt, von Andeutungen und von der Sehnsucht. Vielleicht liegt hier der Grund dafür, daß der Tango in allen großen europäischen Städten getanzt wird, daß er so viele Menschen fasziniert und manche geradezu süchtig macht. In diesem Sinne scheint zutreffend, was ein argentinischer Tangolehrer formuliert hat: Tango, das ist Entwicklungshilfe aus Lateinamerika für die Europäer.
(Eine gekürzte Fassung dieses Textes erschien in Ausgabe 27 des Freitag. Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung.)

autoreninfo
Annett Welsch studierte Journalistik und Psychologie, lebt in Leipzig, arbeitet als freie Journalistin und unterrichtet Yoga. Veröffentlichungen: Der Essay als Denkbewegung. In: Dialektik. Zeitschrift für Kulturphilosophie, Heft 2/2003, S. 5-26.

Informationen über den „Tango Argentino“
Der Tango Argentino begeistert Menschen in aller Welt. Ein Tanz zu zweit, ein lebendiges Spiel, eine Umarmung, diese besondere Art, miteinander zu gehen – getanzte Sehnsucht und Leidenschaft. Jetzt tanzen auch in Deutschland immer mehr Menschen diesen interessanten Tanz.
Geschichte: Der Tango entstand um 1880 in Südamerika, besonders in Argentinien. In Europa herrschen Hunger und Armut. Viele wandern aus nach Südamerika. Emigranten tanzen Tango, nur wenig Frauen. Wohlhabende Argentinier lassen Ihre Kinder in Paris studieren.
1912 Tangoboom in der pariser Oberschicht, Tango-Tanztees, Tango-Kleider, Tango-Cocktails.
Der „Pariser Tango“ ist chic, exotisch, exzentrisch. 1914 verbot Kaiser Wilhelm II den Tango in Deutschland. Auch der Pabst verbot den Tango als zu schamlos.

Tango der Liebe - ein Spiel zwischen Mann und Frau

Tango tanzen fördert die Gesundheit




Re: Tango Erotisch
Autor: Alfred Mayer (46.244.184.---)
Datum: 15. Juni 2014 15:15

Das ist ein wunderbarer Text.




1 mal bearbeitet. Zuletzt am 05.08.18 23:38.


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